Es war eine die unangenehmsten Erfahrungen, die ich je gemacht habe: Die Teilnahme an einer Kirchenratssitzung zur Klärung der Frage, ob einem jungen Afghanen Kirchenasyl gewährt wird oder nicht.
Voreingenommene Menschen, die von Asylrecht und den Gegebenheiten in Europa ebenso wenig Ahnung haben wie von den Ländern, aus denen die Flüchtlinge stammen. Ich war nur Gast - sollte mich fachlich zur Erfolgsaussicht des anschließenden Verfahrens äußern.
Der Unmut des Kirchenrates war groß - aber die Blöße, den jungen Mann auf die Straße zu setzen, wollte man sich wohl doch nicht geben.
Die betroffene Pastorin, die den jungen Afghanen aufgenommen hatte, hatte während der Sitzung und in der Folgezeit schwer zu kämpfen. Aber der Flüchtling war erst einmal sicher.
Inzwischen ist das Kirchenasyl beendet, der Asylfolgeantrag gestellt und beschieden:
Der junge Mann hat eine Anerkennung als Flüchtling erhalten.
Die Gerechtigkeit hat letztendlich gesiegt - auch wenn Anwältin und Pastoren immer wieder vorgeworfen wird, sie würden mit dem Kirchenasyl am Rechtsstaat vorbei agieren.
Auch wenn unsere Gesellschaft und die Politik die Bevölkerung immer wieder glauben lassen will, dass jeder Einzelfall genau betrachtet wird, dass das Asylrecht auch in anderen europäischen Staaten verlässlich funktioniert:
Dem ist nicht so! Es gibt inzwischen eine ganze Reihe europäischer Staaten, deren Politik so weit rechts orientiert ist, dass das Asylrecht dort einfach versagt.
Und wir haben auch hier jede Menge Richter, die die Augen vor der Realität verschließen und ausschließlich darauf bedacht sind, irgendwie ihren Schreibtisch leer zu bekommen.
Ja - es gibt auch die anderen Richter, die wirklich genau hinschauen. Leider sind es viel zu wenige!
In diesem Sinne: Herzlichen Glückwunsch an die Pastorin, die sich durchgebissen hat und herzlich Willkommen dem jungen Afghanen!